Att08Chap2Inhaltsanalyse

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Inhaltsanalyse

Gegenstand sozialwissenschaftlicher inhaltsanalytischer Verfahren

Es können folgende Problembereiche untersucht werden:

  • Man kann sich mit dem Sender beschäftigen
  • Man kann sich mit dem Empfänger beschäftigen
  • Man kann sich mit der sozialen Situation beschäftigen

Sozialwissenschaftliche Inhaltsanalyse ist weder Textinterpretation noch rein deskriptive Textanalyse.

3 Funktionen der Inhaltsanalyse (Harder):

  1. Diagnostische Funktion > Bedingungen aus denen Texte hervorgegangen sind.
  2. Prognostische Funktion > Zukünftige Verhalten der Textquelle
  3. Die kommunikationstheoretische Funktion > Wirkungszusammenhang zwischen Sender und Empfänger von Inhalten.
Geschichte der Methode
  1. Phase der Intuition (- 1900)
  2. Quantitativ-deskriptive Phase (7Jh. - 1926)
  3. Phase der Reifung zum eigenständigen Erhebungsinstrument sozialer Wirklichkeit (1926 - 1941)
  4. Phase der interdisziplinären Erweiterung (1941 - 1967)
  5. Phase der theoretisch-methodischen Fundierung (1967 -)

Auseinandersetzung zwischen Anhängern quantitativer und qualitativer Ansätze.

  • quantitativ -> Selektivität
  • qualitativ -> Nachvollziehbarkeit
Gegenstandsbereich der Inhaltsanalyse

Inhaltsanalyse ist eine Methode zur Erhebung sozialer Wirklichkeit, bei der von Merkmalen eines manifesten Textes auf Merkmale eines nicht manifesten Kontextes geschlossen wird -> Soziale Wirklichkeit (Merten 1995).

Inhaltsanalyse ist eine Methode der Datenerhebung zur Aufdeckung sozialer Sachverhalte, bei der durch die Analyse eines vorgegebenen Inhalts (z.B. Text, Bild, Film) Aussagen über den Zusammenhang seiner Entstehung, über die Absicht seines Senders, über die Wirkung auf den Empfänger und/oder auf die soziale Situation gemacht werden. (Berelson)

Kategorienbildung und ihre Probleme

Kernpunkt jeder Inhaltsanalyse, ist die Bildung von Kategorien, die aus theoretischen Annahmen abgleitet werden. "Da die Kategorien die Substanz der Untersuchung enthalten, kann eine Inhaltsanalyse nicht besser sein als ihre Kategorien" (Berelson 1971)

Kategoriensystem: Gesamtheit der Kategorien einer inhaltsanalytischen Untersuchung. Kategorien müssen vom Erkenntnisinteresse geleitet und in Hypothesen fixiert sein. Hypothesen müssen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Kategorien werden in eine oder mehrere Variablen (Merkmale) gefasst, die verschiedene Ausprägungen haben.

Kriterien, die ein Kategoriensystem erfüllen muss.

  • muss aus den Untersuchungshypothesen theoretisch abgeleitet sein
  • Kategorien müssen voneinander unabhängig sein
  • Ausprägung jeder Kategorie muss vollständig sein
  • Ausprägung jeder Kategorie muss exklusiv, trennscharf sein
  • Ausprägung jeder Kategorie muss nach einer Dimension ausgerichtet sein (einheitliches Klassifikationsprinzip)
  • Jede Kategorie und ihre Ausprägung müssen eindeutig definiert sein

Mit dem Kategoriensystem werden die Regeln der Codierung festgelegt (Verschlüsselung oder Codierung)

Bei der Codierung auftretende Probleme:

  • Validität (Gültigkeit)
    Wird wirklich das gemessen, was gemessen werden soll
  • Reliabilität (Verlässlichkeit)
    Ergebnisse bei gleichem Kategoriensystem/Analysematerial gleich
    • Intercoderreliabilität
      Unterschiede zwischen mindestens zwei verschiedenen Codierern
    • Intracoderreliabilität
      Unterschiede zwischen derselben codierenden Person
Typologie inhaltsanalytischer Verfahren nach Zielen und Mitteln

Matrix aufbauend auf Mitteln und Zielen (Merten 1995)

 Mittel \ ZielKommunikatorRezipientSituation
 syntaktischAutoren
Persönlichkeitsstruktur
  
syntaktisch/semantischWort syntaktische Komplexität
semantisch/semantischThemen
Kontingenz
Bedeutung
 Themen
syntaktisch/pragmatischfrequentielle Lesbarkeit
strukturelle Lesbarkeit
frequentielle Lesbarkeit
strukturelle Lesbarkeit
Auffälligkeit
 
semantisch/pragmatischWert
Einstellung
Motiv
Persönlichkeitsstruktur
Verständlichkeit
Objektivität
Verständlichkeit
semantisches Differential
Symbol-Wirklichkeit
pragmatisch/pragmatisch ResonanzInterview
Forschungsablauf
  • Entdeckungszusammenhang
    • Festlegung des Untersuchungsziels
    • Vorgehensweise (deduktiv/induktiv)
  • Begründungszusammenhang
    • methodisches Verfahren
    • Textunterlage (Analysematerial)
      • Texte relevant für den Zweck der Untersuchung
      • Texte existieren
      • Texte sind zugänglich
    • Auswahl und Durchführung des inhaltsanalytischen Verfahrens
  • Verwertungszusammenhang
    • Präsentation, Wirkung der Ergebnisse
Grundlagen qualitative Verfahren

Schwer zu definieren, keine Theorie und kein Paradigma. Kennzeichnung der Vorgehensweise:

  • Offenheit
    Sowohl beim theoretischen Konzept als auch gegenüber Probanden und Erhebungssituation
  • Kommunikativität
    Soziale Wirklichkeit entsteht durch Kommunikation und Interaktion
  • Naturalistizität
    Natürlichkeit der Erhebungssituation
  • Interpretativität
    Hypothesenbildung im Zuge der Interpretation

Keine strikte Trennung zw. Erhebung und Auswertung

Inhaltsanalyse mit Computerprogrammen

Die Anwendungsmöglichkeiten sind beschränkt. Wenn sich die Kategorien operationalisieren lassen, ist die Durchführung möglich.