Bohn03Chap7Gruppendiskussion

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Grupendiskussionsverfahren

Gruppendiskussionsverfahren und Milieuforschung

Kollektive ist gerade dort empirische Evident, wo der Einzelne im Diskurs aufgeht.

Realgruppen: Gemeinsame Interaktionsgeschichte im Hinblick auf den Diskussionsstand -> schon entwickelte Formen gemeinsamen Handelns und die zugrundeliegenden Bedeutungsmuster.

Analyse von Gruppenmeinungen setzt methodischen Zugang voraus (neuere Verfahren der Textinterpretation), die der Prozesshaftigkeit Rechnung tragen, aber dennoch Strukturen herausarbeiten.

Milieuanalyse: Analyse gruppenhafter oder gemeinschaftlicher Milieus. Milieus als "konjunktive Erfahrungsräume" dadurch charakterisiert, dass ihre Angehörigen, ihre Träger durch Gemeinsamkeit der Sozialisationsgeschichte miteinander verbunden sind.

Beispiele für Einsatz von Gruppendiskussionen:

  • Analyse geschlechtsspezifischer Erfahrungsräume und geschlechtsspezifischer Habitus
  • Sozialarbeit, Sozialpädagogik
  • Kindheitsforschung
  • Organisationskulturforschung
  • ...
Zu einigen Unterschieden von Gruppendiskussion und narrativem Interview

Milieuanalyse ist immer auch Biographieanalyse.

  • lebensgeschichtliche Gemeinsamkeiten
  • Gemeinsamkeit biographischer Entwürfe und Orientierungen

Der Einzelne hat Teil an unterschiedlichen Wirklichkeiten -> narratives Interview (Analyse autobiographischer Stegreiferzählungen) zielt auf die biographische Gesamtformung. Bindung an bezugsgruppen- oder milieuspezifische Wirklichkeit abgestreift. -> keine Bezugnahme auf gemeinsam geteilte Wissensbestände, gemeinsame Erlebnisschichtung.

Zwei Arten bzw. Verständnisse von Kollektivität:

  • Gesamtgesellschaftliche Enwicklungsverläufe
  • durch Erleben/Erlebnisverarbeitung selbst geprägt

Da der einzelne seine biographische Gesamtformung im Durchgang durch für ihn bedeutsame Erfahrungsräume konstituiert, ist eine empirische Ausdifferenzierung kollektiver Erfahrungen prinzipiell auch auf Basis autobiographischer Interviews möglich. Müssen aber analytisch aus der biographischen Gesamtformung herausgelöst werden.

In der Gruppendiskussion werden Texte mit kollektivem Erfahrungsrahmen produziert -> Erfahrung der Konjunktion, konjunktiver Erfahrungsraum

Exkurs: Die Gesprächsanalyse der dokumentarischen Methode im Kontext soziolinguistischer Verfahren

Ursprung der dokumentarischen Methode in der Analyse von Beratungsgesprächen. -> nicht allein für Auswertung von Gruppendiskussionen relevant.

Das Gespräch als ein sich selbst steuerndes System

autopoietisches, selbstreferentielles System -> ursprünglich auch Ziel der Konversationsanalyse -> hier aber kein Zugang zu tiefer gehenden semantischen Gehalten.

Im Gespräch werden konjunktive Erfahrungsräume aktualisiert

Konjunktive Erfahrungsräume: u.a. bildungs-, generations-, geschlechts- sowie lebensalterspezifische aber auch z.B. migrationsspezifische Erfahrungsräume und Milieus.

Werden von denen aktualisiert, die gemeinsame Erfahrungen haben.

Parallelen der dokumentarischen Gesprächsanalyse zur Kontextualisierungs-Analyse

Kontextualisierungshinweis/-markierer: Äußerung wird durch Kontext nicht-wörtlicher/-begrifflicher Hinweise mit zusätzlicher (tieferliegender, impliziter) Bedeutung versehen.

-> habituelle Übereinstimmung, gemeinsamer Rhytmus, "Sich-Aufeinander-Einstimmen" -> Zentren gemeinsamer Erfahrung.

Zur Dramaturgie des Diskurses in der dokumentarischen Gesprächsanalyse: Fokussierungsmetaphern

Fokussierungsmethapher: Passagen im Diskursverlauf die sich durch gemeinsamen Rhytmus, "interaktive Dichte" auszeichnen. "Dramaturgische Höhepunkte" -> gehen einher mit metaphorischer Dichte.

Identifikation von Fokusierungsmethaphern dient der schnellen und validen Rekonstruktion kollektiver Erlebniszentren und Orientierungmuster.

Zur Diskursorganisation in der dokumentarischen Gesprächsanalyse

Diskursorganisation im Zentrum der dokumentarischen Gesprächsanalyse. Kollektiver Charakter des Diskurses findet auch in der performativen Struktur (Praxis des Diskurses selbst) seinen Ausdruck -> Modi der Diskursorganisation

Diskursbewegung und Diskureinheiten

Diskurseinheiten/-bewegungen: Sinngehalt einer Äußerung ergibt sich erst in der Rekonstruktion der Bezugnahme nachfolgender Äußerungen.

Dreischritt der Diskusorganisation:

Diskurseinheiten konstituieren sich in der Relation von mindestens drei Diskursbewegungen:

  • Proposition A
    semantischer Gehalt, Orientierungsgehalt
  • Reaktion B
    z.B. Anschlussproposition, Opposition, Antithese
  • Reaktion A
    z.B. Synthese