Dokumentarische Methode
Dokumentarische Methode
- Zur Forschungspraxis der dokumentarischen Methode
- Zur Methodologie dokumentarischer Interpretation
- Der prekäre Charakter alltäglicher Verständigung: Beiträge der Ethnomethodologie
- Verstehen und Interpretieren: konjunktive und kommunikative Erfahrung
- Konjunktive Erfahrung und Kollektivität
- "Einklammerung des Geltungscharakters" und Reflexion
- Zur Analyse von biographischen Interviews, Beobachtungsprotokollen und Fachtexten
- Habitualisierte Stile und intendierte Ausdrucksstile
- Konjunktion und Distinktion
Zur Forschungspraxis der dokumentarischen Methode
In Forschungsprojekt (Bohnsack) zw. 1984 - 1987 entstanden. Anhand von Gruppendiskussionen (angelehnt an Gruppendiskussionsverfahren von Mangold (50er Jahre)) entwickelt. Verfahren der Textinterpretation, vier Stufen der Rekonstruktion und Interpretation:
- formulierende Interpretation
Welche Themen und Unterthemen werden angesprochen, zusammenfassende Formulierung. - reflektierende Interpretation
Beschreibung der Behandlung des Themas in der Gruppe (es werden Kontingenzen sichtbar). Entwicklung von Gegen- Vergleichshorizonten. - Diskursbeschreibung
Zusammensetzen der formulierenden und reflektierenden Interpretation. Nacherzählung des Diskurverlaufs. Vermittlung der Textinterpretation an eine Öffentlichkeit. - Typenbildung
Zuordnung eines Falls zu einer Typik, Interpretation des Falls als Dokument der Typik. Typiken:- Entwicklungstypik
- Bildungsmilieutypik
- Geschlechtstypik
- Generationstypik
- Typik sozialräumlicher Milieus
Zur Methodologie dokumentarischer Interpretation
Der prekäre Charakter alltäglicher Verständigung: Beiträge der Ethnomethodologie
Dokumentarische Interpretation bedeutet die Behandlung einer Erscheinung als 'Dokument' als 'Hinweis auf', als etwas, das anstelle und im Namen eines vorausgesetzten zugrunde liegenden Musters steht. Jede Seite (Dokument, Muster) wird verwendet die andere Seite auszuarbeiten -> Reflexivität (Garfinkel).
Verstehen und Interpretieren: konjunktive und kommunikative Erfahrung
Unterscheidung: Verstehen/Interpretieren (Mannheim) -> Diejenigen, die durch gemeinsame Erlebniszusammenhänge miteinander verbunden sind, die zu einem bestimmten 'Erfahrungsraum' gehören, verstehen einander unmittelbar. Sie müssen einander nicht erst interpretieren.
- (intuitives) Verstehen
Bsp: Knoten, Um zu verstehen, muss Herstellungsprozess, Prozess der Fingerfertigkeit nachvollziehbar sein (intuitiv, atheoretisches Wissen). - Interpretation
Bsp: Knoten, 'schwierig' zu Interpretieren. in der genetischen Interpretation rekonstruiert sich der 'modus operandi' der Herstellung, dokumentiert sich der individuelle oder kollektive 'Habitus'
Unterschied: genetisch/dokumentarische Interpretetion <-> immanente/objektive Interpretation
Konjunktive Erfahrung und Kollektivität
Doppeltheit der Verhaltensweisen gegenüber Begriffen der Realität:
- konjunktive Sinn- und Typenbildung
- kommunikativ-generalisierenden Typenbildung
"Einklammerung des Geltungscharakters" und Reflexion
Unterschied zwischen immanenten und dokumentarischen Sinngehalt findet in Unterscheidung zwischen formulierender und reflektierender Interpretation Ausdruck. -> Wechsel von Was- zu Wie-Fragen. -> Übergang von Beobachtung erster Ordnung zu Beobachtung zweiter Ordnung (Beobachten von Beobachtungen).
Es interessiert nicht ob Darstellung (faktisch) wahr oder richtig ist, sonder was sich über die Darstellenden und deren Orientierungsgehalt dokumentiert.
Komperative Analyse in der dokumentarischen Methode ermöglicht
- methodische Kontrolle der für Reflexion notwendigen Vergleichshorizonte
- Grundlage der konjunktiven Abstraktion und Typenbildung
Zur Analyse von biographischen Interviews, Beobachtungsprotokollen und Fachtexten
In der detaillierten Darstellung handlungspraktischer Vollzüge dokumentiert sich die Prozessstruktur des Habitus. Anstelle der Rekonstruktion der Formalstruktur der Diskurse, tritt hier die Ausdifferenzierung unterschiedlicher Ebenen der Darstellung, unterschiedlicher "Textsorten" in den Vordergrund.
Habitualisierte Stile und intendierte Ausdrucksstile
Ausdrucksstile
- Dokumentsinn (bezieht sich auf Habitus, habitualisierter Stil)
- immanenter (wörtlicher) Sinngehalt
- intendierter Ausdruckssinn
Intendierter Ausdruckssinn unterscheidet sich vom Dokumentsinn durch die kommunikative Absicht vom immanenten Sinn durch nicht wörtlich sondern gestalterischen (metaphorisch, stilistisch) Ausdruck und Selbstreflexivität -> intendierte Ausdrucksstile -> wird produziert um beobachtet zu werden (z.B. Punks) -> stilproduzierende Persion tritt sich selbst beobachtend und interpretierend gegenüber.
Setzt Bewusstsein um die eigene Alltäglichkeit, den eigenen Habitus voraus -> dokumentarische Selbstinterpretation.
Konjunktion und Distinktion
Die sozialisatorischen Interaktionsbedingungen für die Aneignung emergenter Entfaltung habitueller Stilelemente entziehen sich einer empirischen Analyse nach Art der kausalgenetischen Interpretation.
Dokumentarische Interpretetion: Habitus wird nicht primär (negativ) im Medium der Distinktion analysiert sonder unter dem Gesichtspunkt einer in den konjunktiven Erfahrungen fundierten habituellen Übereinstimmung, d.h. im Medium der Konjunktion.