Mediensoziologie

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Mediensoziologie

Grundfragen und Forschungsfelder (Jäckel 2005)

Eine Mediensoziologie aus Sicht der Klassiker (Michael Jäckel u. Thomas Grund)

3 Leitthemen:

  • Medien und der Prozess der gesellschaftlichen Differenzierung
  • Medien und sozialer Wandel
  • Medien und öffentliche Meinung
Medien und Identität (Jan D. Reinhardt)

Massenkommunikation: " eine Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich (also ohne [prinzipiell] begrenzte und personell definierte Empfängerschaft) durch technische Verbreitungsmittel (Medien) indirekt (also bei räumlicher oder zeitlicher oder raumzeitlicher Distanz zwischen den Kommunikationspartnern) und einseitig (also ohne Rollenwechsel zwischen Aussagendem und Aufnehmenden) an ein disperses Publikum [...] vermittelt werden." (Maletzke 1963)

Medien und ihre Nutzer (Thomas Döbler)

Buchlesertypologie der Stiftung Lesen:

  • Vielleser
  • Duchschnittsleser
  • Wenigleser
  • Kaumleser

Buchleseverhalten -> werden auch auf andere Mediennutzungen bezogen

Mediennutzungstypologie der ARD (1990, entlang soziodemografischer Merkmale)

  • Junge Wilde
    knapp über 20, bevorzugen Fernsehen, eher kommerzielle Programme, mehrheitlich Männer
  • Erlebnisorientierte
    ca. 30, bevorzugen das Radio, leicht männliches Übergewicht
  • Leistungsorientiert
    Mitte-Ende 30, hohes Bildungsniveau, Radio und Fernsehen eher unterdurchschnittlich
  • Neue Kulturorientierte
    Anfang 40, Radio und Fernsehen eher unterduchschnittlich, hohe formale Bildung
  • Unauffällige
    Anfang 40, Radio und Fernseh Viellnutzer, niedriges Bildungsniveau, Frauen leicht überweigend
  • Aufgeschlossen
    Ende 40 Anfang 50, Radio wichtiger als Fernsehen, leichtes Übergewicht Männer
  • Häusliche
    Anfang 60, Radio und Fernseh Viellnutzer, niedrieges Bildungsniveau, Frauen überweigen
  • Klassisch Kulturorientiert
    Mitte 60, starkes Interesse an Hochkultur, Radio und Fernsehen gleichbedeutend, unterdurchschnittlich genutzt, Frauen dominiert
  • Zurückgezogen
    Mitte bis Ende 60, Radio und Fernsehen bestimmen Alltag, Fernsehen Vorrang, geringes Bildungsniveau, 2/3 Frauen

Mediennutzung und soziale Milieus

Schulze-Milieus (1992)

  • Unter 40
    • Selbstverwirklichungsmilieu
      Bildung hoch-mittel
    • Unterhaltungsmilieu
      Bildung mittel-niedrig
  • Über 40
    • Niveaumilieu
      Bildung hoch
    • Integrationsmilieu
      Bildung mittel
    • Harmoniemilieu
      Bildung niedrig
Medien und interpersonale Kommunikation (Joachim R. Höflich)

Studie "The People's Choice" (Lazarsfeld, Berelson u. Gaudet 1940)

  • Meinungsführerkonzept
    Wichtigste Einflussquellen meist enge Bekannte
  • Two-Step-Flow of Communication
    Vermittlung über Zwischenstufe -> "Meinungsführer"

Mediennutzung im öffenltichen Raum, mobile Kommunikation.

Medien sind nicht nur einfach Kanäle zur Übermittlung von Information zwischen zwei oder mehr Umwelten, sondern sie sind "shapers of a new social environment themselves" (S. 87)

Medien und soziale Wirklichkeit (Angela Keppler)

Soziale Wirklichkeit immer doppelt gefasst:

  • objektives Faktum
  • subjektiv gemeinter Sinn

"Die Wirklichkeit der Alltagswelt stellt sich mir ferner als eine intersubjektive Welt dar, die ich mit anderen teile. Ihre Intersubjektivität trennt die Alltagswelt scharf von anderen Wirklichkeiten. Ich bin allein in der Welt meiner Träume. Aber ich weiß, daß die Alltagswelt für andere ebenso wirklich ist wie für mich" (Berger/Luckmann 1970)

Massenmedien sind "Instrumente der Wirklichkeitskonstruktion" (radikaler Konstruktivismus)

"Die primäre Realität lietgt [...] nicht in 'der Welt draußen', sondern in den kognitiven Operationen selbst [...] Der operative Konstruktivismus bezweifelt keineswegs, dass es eine Umwelt gibt [...] Die These des operativen Konstruktivismus führt also nicht zu einem 'Wertverlust', sie bestreitet nicht, dass es Realität gibt. Aber sie setzt Welt nicht als Gegenstand, sonder im Sinne der Phänomenologie als Horizont voraus. Also als unerreichbar. Und deshalb bleibt keine andere Möglichkeit als: Realität zu konstruieren und eventuell: Beobachter zu beobachten, wie sie die Realität konstruieren." (Luhmann 1995)

Medien und die Inszenierung sozialer Rollen (Herbert Willems)

Medienfelder:

  • Journalismus
  • Unterhaltung
  • Werbung

Medientheatralisierung -> gesellschaftsweite Theatralisierung, Basis/Grund = kommunikatives Potential der Massenmedien.

Medien und abweichendes Verhalten (Waldemar Vogelsang)

"Media violence is one of the most widely discussed yeat least understood issue of our time" (Trend 2003)

"Es ist ein alter Streit, ob die Darstellung von Gewalt in Medien Gewalt verhindern hilft (Abschreckung, Ventil für Agressionen) oder ob sie Gewalt provoziert. Für beide Auffassungen gibt es empirische Beweise zuhauf. Beide scheinen daher zuzutreffen; es fragt sich nur, auf wen und unter welchen Umständen" (Reumann 1999)

Ursprung schon in Antike:

  • Platon
    Menschen vor Inhalten schützen, die schändlichen Einfluss auf Persönlichkeit nehmen
  • Aristoteles
    Katharsisthese: Betrachten gewalttätiger Szenen -> Abbau des Aggressionspotentials

Forschungsstand/-thesen:

  • Katharsisthese
    Auf Grund von Forschungsergebnissen eher relativiert, allerdings auch wenig Forschung zu positiven (kathartischen) Wirkungen von Gewalt
  • Inhibitionsthese
    Gewaltdarstellung -> Angst, mindert Bereitschaft selbst aggresiv zu werden. Nur unter bestimmten Voraussetzungen belegt.
  • Habitualisierungsthese
    Gewaltdarstellung -> Desensibilisierung gegen reale Gewalt. Konnte in Langzeitstudien nicht bestätigt werden. 
  • Suggestionsthese
    Gewaltdarstellung -> Gewaltdarstellung bedingt Nachahmungstat. "Simplifizierende Vorstellung von Wirkungsprozesse der Medien (sind) längst überholt". Nur unter bestimmten Umständen und Situationen aufgrund von Enthemmung, Überidentiikation und Imitation möglich ("Werther-Effekt")
  • Erregungsthese
    Gewaltdarstellung -> unspezifische emotionale Erregugszustände, die in aggressives Verhalten münden können. Kann aber auch Katharsis bzw. Übertragung oder Sublimation nach sich ziehen.

Verhalten ist situations- und rezipientenabhängig.

Lerntheoretische, Erklärungen werden präferiert. -> differenzierte Wirkungsbetrachtung -> Zusammenhang zwischen Sozialisation und Wirkung der Gewaltdarstellung in Medien.

Rezeptionstypen:

  • Realisten
    Sehen Gewaltdarstellung entsprechend Darstellung im Medium
  • Abschwächer
    Spielen das Ausmaß herunter
  • Metatypus
    Reflektiert über Darstellung im Medium
  • Mischtypus
Medien und Kultur (Rainer Winter)

Rolle der Medien in der Transformation und Differenzierung gesellschaftlicher Prozesse. Drei Bereiche

  • Rolle der Tradition
  • Aneignung von Medien und die Konstitution des selbst
  • Transformation der Öffentlichkeit
Medien und Kritik (Udo Göttlich)

Historische Entwicklungsphasen:

  • Literatur- und Medienkritik
  • Medienkritik als Kulturkritik
  • Medienkritik als Kritik gesellschaftlicher Kommunikationsverhältnisse

Entwicklung von einer Auseinandersetzung mit ästhetischen und kulturellen Werten und Normen zu einer Reflexionsinstanz über die an Medien gebundene Vermittlung kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Wissens.

Medien und soziale Konflikte (Hans-Jürgen Bucher und Amelie Duckwitz)

Soziologische Konflikttheorien:

  • Konflikte als soziales Handeln
    Konflikte tragen zu sozialer Strukturbildung und gesellschaftlichen Wandel bei. (Weber 1980)
  • Funktional oder dysfunktional für die Gesellschaft?
    Konflikt -> allgegenwärtige und funktional notwendige Form sozialer Beziehungen (Simmel 1908) Wechselwirkung
  • Konflikt als Struktureffekt
    Konflikte auf strukturelle Arrangements zurückzuführen -> systematisch erzeugt (Dahrendorf 1970)
  • Konflikte als soziale Systeme
    Konflikt -> Form der Kommunikation die vorliegt, wenn ein Widerspruch kommuniziert wird (Luhmann 1984)

Bei Medienkonflikten gibt es neben den Kontrahenten zwei weitere Akteursgruppen:

  • Publikum (Medienrezipienten)
  • Medien selbst

Die Parteinahme des Publikums führt zu einem "conflict of the non-combatants" -> zweite Ebene des Konflikts -> Imagegewinn/-verlust für die Opponenten

Konflikte die von Massenmedien thematisiert werden, sind damit Bestandteil der öffentlichen Meinung. Dies bedeutet, dass veröffentlichte Konflikte nicht mehr intentional durch die Konfliktparteien gesteuert werden, sondern eine Eigendynamik angenommen haben, die durch die Funktionslogik der Massenmedien mitbestimmt wird.

Medien und sozialer Wandel (Richard Münch und Jan Schmidt)

Felder des sozialen Wandels:

  • Wandel der politischen Öffentlichkeit
    Massenmedien mit politischen Akteuren selbst verflochten -> "Internet als Revitalisierung der demokratischen Öffentlichkeit"?
  • Wandel des Umgangs mit Wissen
    Vermehrung der Information -> Stellenwert von "Wissen" steigt
  • Wandel gesellschaftlicher Integration
    Kanal zur Artikulation der eigenen Interessen und Informationen
Medien und Integration (Michael Jäckel)

Integrationsfunktion der Massenmedien. Typologie (Vlasic 2004):

  • Bereitstellung gemeinsamer Themen
  • Ermöglichen von Repräsentation
  • Konstituieren von (politischer Öffentlichkeit)
  • Vermittlung gemeinsamer Normen und Werte
  • Konstruktion von Realität
Medien und soziale Ungleichheit (Thomas Lenz und Nicole Zillien)

"Sobald es einmal niedergeschrieben ist, kommt das Wort überallhin, auch zu denen, die es nicht verstehen, und weiß selbst nicht zu sagen, für wen es bestimmt war und für wen nicht" (Kassner 1920)

"Soziale Ungleichheit liegt im weiteren Sinn überall dort vor, wo die Möglichkeiten des Zugangs zu allgemein verfügbaren und erstrebenswerten sozialen Gütern und/oder zu sozialen Positionen, die mit ungleichen Macht- und/oder Interaktionsmöglichkeiten ausgestattet sind, dauerhafte Einschränkungen erfahren und dadurch die Lebenschancen der betroffenen Individuen, Gruppen oder Gesellschaften beeinträchtigen bzw. begünstigen werden." (Kreckel 2004)

Medial verursachte Wissenskluft: zunehmender massenmedial vermittelter Informationsfluss wird in Sozialsystemen (Gruppen) mit höherem sozioökonomischen Status schneller und besser aufgenommen als in Sozialsystemen (Gruppen) mit niedrigem sozioökonomischen Status. (Tichenor 1970)

5 Faktoren:

  • Routine erhöht Ausschöpfungswert der Mediennutzung
  • Besserer Bildungshintergrund erhöht kumulierten Lerneffekt
  • Statushohe Personen haben eher relevante soziale Kontakte für interpersonellen Informationsaustausch
  • Höheres Wissensniveau fördert Auswahl und selektivere Nutzung informationsreicherer Medien
  • Schrifliche Trägermedien wenden sich in ihrer Darstellungsform eher an Personen mit höherer formaler Bildung

"Digital divide" - Kluft zwischen Internetnutzern/-nichtnutzern

  • Rückgang im Unterschied der Zugangsraten
  • Unterschied in Art und Ausmaß der Nutzung

Soziale Ungleichheit nicht frage des "ob" sondern des "wie".

"Durch die Polarisierung entlang der jeweiligen Einbindung in relevante Informations- und Kommunikationsstrukturen, die besonders gut an Mediennutzungsstilen und Medienkompetenzen ablesbar sind, können bestehende Ungleichheitslagen aufrechterhalten oder sogar verhärtet werden" (Eichmann 200)

Medien können soziale Ungleichheiten sowohl verstärken als auch abschwächen. In differenzierten modernen Gesellschaften wirken Medien oft als Verstärker sozialer Ungerechtigkeiten

Medien als soziales System (Manfred Mai)

Soziale Systeme bestehen aus individuellen und institutionellen Akteuren, die sich von anderen sozialen Systemen abgrenzen und füreinander zur Umwelt werden. Die Akteure und Institutionen eines sozialen Systems haben in der Regel eine gemeinsame Vorstellung von dem Sinn und Zweck des sozialen Systems.

Pressefreiheit und eine weitgehende Autonomie des Mediensystems sind nur in demokratisch verfassten Regimen möglich. So wie sich die Medienfreiheit nur in einer Demokratie entfalten kann, so ist die Demokratie darauf angewiesen, dass sich die unterschiedlichen Interessen der pluralistischen Gesellschaft in den Prozessen der Meinungsbildung einbringen können.

Mehrdimensionalität der Medien

  • ökonomische Rationalität
  • journalistische Rationalität
  • künstlerische Rationalität
  • technische Rationalität

Welche Rationalität sich durchsetzt, hängt von publizitischen Leitbild der Herausgeber, Inhaber bzw. Geschäftsführer ab.

Medien und Öffentlichkeit (Kurt Imhof)

Öffentlichkeit lässt sich als Netzwerk von Kommunikationsflüssen beschreiben, die in verschiedenen Arenen zusammenfließen. (Habermas 1992)

etablierte Akteure:

  • Politische Organisationen
  • Untenehmen
  • Medienorganisationen

nicht-etablierte Akteure:

  • zivilgesellschaftliche Akteure
  • Wissenschaft, Religion, Kunst

Funktionen der Öffentlichkeit

  • deliberative Funktion der Öffentlichkeit
    Entdeckungs- und Validierungszusammenhang von Problematisierungen, rationale Willens- und Entscheidungsprozesse.
  • politisch-rechtliche Funktion der Öffentlichkeit
    Legitimation politischer Macht, politischer Entscheidung und politischer Geltungsbereiche.
  • Funktion der Integration
    Partizipations- und Loyalitätsdispositionen.

Strukturwandel der Öffentlichkeit

Verschränkung der Sphären Öffentlichkeit und Privatheit und politischer Funktionswandel der Öffentlichkeit zu einer massenmedial "hergestellten" Öffentlichkeit.

Indikatoren

  • Verstetigung des Phänomens sozialer Begwegungen und Protestparteien. Institutionalisierung resonanzorientierter NGOs.
  • Intensivierung der Skandalkommunikation. Skandalmedium auch in der Rolle des Skandalisierers
  • Privatisierung der Öffentlichen und Personalisierung der politischen Kommunikation
  • Verschiebung der intermedialen Themen- und Meinungsresonanz. Schwund des Meinungsstreites.
  • Umkehrung der Vermittlingslogik der politischen Kommunikation. Orientierung der Prioritätenordnung politischer Probleme an Selektions- und Interpretationslogiken des Mediensystems.
Medien und Macht (Michael Jäckel)

Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht. (Weber 1921)

Hervorbringen beabsichtigter Wirkungen (Russel 1947)

Herrschaft: "die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei abgebbaren Personen Gehorsam zu finden." (Weber 1921)

Publikumsaktivität:

  • Idee des widerspenstigen Publikums
  • Idee des aktiven Publikums
  • Cultural-Studies-Ansatz. Prozess der Bedeutungsgenese  von Medieninhalt im Vordergrund
  • Idee des entfremdeten Publikums
Medien und soziale Netzwerke (Christian Stegbauer)

Netzwerke und Meinungsführerforschung

  • Two-step flow of Communication
    Meinungsführer Verbindung zw. Massenmedien und Menschen. Bedeutung für Meinungsbildung und Meinungsänderung innerhalb von Gruppen.
  • Die Verbreitung von massenmedialen Mitteilungen ist wesentlich von den Beziehungsstrukturen zwischen den Menschen abhängig.

Netzwerke und Gruppenkommunikation

  • Medien in denen Kommunikation zwischen mehreren stattfindet (Chat, Foren ...)
  • Mit diesen Medien war Hoffnung auf gleichberechtigte Teilhabe am Kommunikationsgeschehen verbunden
  • Erwartete Gleichberechtigung nicht gegeben. (Zahl der nicht aktiven ("Lurker") immer höher)

Netzwerke und World Wide Web

  • Hyperlinks zur Messung von Beziehungen -> Linkstruktur = Beziehungsstruktur
  • Merkmal des gegenseitigen Bezugs fehlt
  • Phänomen der Selbstähnlichkeit
    Web besteht aus unabhängigen thematisch zusammengehörenden Teilen, Struktur dieser Teile ähneln gesamtem WWW

Netzwerktheorie und Netzwerkanalyse explizit soziologische Betrachtung -> Beziehungen im Mittelpunkt der Betrachtung -> Erweiterung der Perspektive wonach  Soziales nur aus Sozialem erklärt werden soll (Durkheim)

Medien und virtualisierte Vergesellschaftung (Udo Thiedeke)
  • quanitative Expansion globaler Kommunikation
  • qualitative Exteriorisierung des Sinnhorizonts, auf den gesellschaftliche Kommunikation Bezug nimmt

Interaktionsmedien

Internet -> mediale Infrastruktur eines multimedialen, digitalen Computernetzwerks. Ubiquitär verfügbar, globaler, individueller Zugriff. -> immersive Interaktionsmedien ("man kann jetzt nicht nur "mit" den Medien leben, sondern "in" den Medien).

Cyberspace und Virtualisierung

Entgrenzungserwartung nicht einfach mit Erwartung der Grenzaufhebung gleichzusetzen. Die Option der Aufhebung von Wirklichkeistbeschränkungen ist verbunden mit Möglichkeiten zur Gestaltung und Steuerung.

Die Sinnorientierung der Vermöglichung ist auf eine Wirklichkeit der faktischen Möglichkeiten bezogen, die bei Bedarf jederzeit realisierbar sind. -> Potenzialität der permanenten Setzung und Aufhebung oder Umgestaltung von Wirklichkeitsgrenzen

Virtualisierung der Vergesellschaftung

  • virtualisierten Vergesellschaftung (z.B. virualisierte Personen/Institutionen)
  • virtualisierte soziale Systembildung (z.B. virtuelle Gemeinschaften/Gruppen/Organisationen)
  • symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien (Cyberliebe, -eigentum, -macht)
  • ermöglicht Regulationsverfahren (z.B. selbstorganisierte, evolutionäre Entscheidungsverfahren (rough consensus))

Koevolution beider (virtualisiert/physisch) Vergesellschaftungswirklichkeiten. Virtualisierte Vergesellschaftung = Spezialbereich der sozialen Wirklichkeit

Medien und Transnationalisierung (Tanjev Schultz und Hartmut Weßler)

"globales Dorf (global Village)", auf Grundlage moderner Kommunikationstechnologien (McLuhan 1967)

Theoretische Ansätze

  • Weltsystem und Weltgesellschaft (Wllerstein, Luhmann/Stichweh)
    Weltsystem bringt internationale Arbeitsteilung hervor, die Staaten und Regionen Rollen im Zentrum oder an der Peripherie des Gesamtsystems zuweist (Wallerstein 1974). Weltgesellschaft ist das Sozialsystem, das alle Teilsysteme und Kommunikationen einschließt. Existenz eines "weltweiten Kommunikationssystems" unabweisbar (Luhmann 2002).
  • Globalisierung in einer reflexiven Moderne (Beck/Giddens)
    Vier Dimensionen: System der Natonalstaaten, Weltwirtschaft, militärische Weltordnung, internationale Arbeitsteilung. "Unrevidierbarkeit entstandener Globalität"  u.a. wegen "informations- und  kommunikationstechnologischer Dauerrevolution" (Beck 1997). Problematische Globalisierung: Weltmarkt verdrängt/ersetzt politisches Handeln.
  • Transnationale Kultur und Identität (Robertson/Cultural Studies).
    Globalisierung so alt wie Weltreligion (Einfluss Religionssoziologie). Abgrenzung von materialistisch, funktionalistisch, institutionalistischen Orientierung -> "kulturelle Kehre (cultural turn)", kulturelle Voraussetzungen und Implikationen transnationaler Entwicklungen.
  • Weltumspannendes Netzwerk im Informationszeitalter (Castells)
    Macht eines revolutionär wahrgenommenen technologischen Wandels. "Generalüberholung des kapitalistischen Systems" -> "informationeller Kapitalismus" (Castells 2001) Globale Wirschaft: kann als Einheit in Echtzeit oder gewählter Zeit auf globaler Ebene funktionieren.

Transnationalisierung der Massenmedien

  • horizontale Dimension
    Berücksichtigung der Auslandsberichterstattung
  • vertikale Dimension
    Bezug auf internationale oder supranationale Institutionen

Internationale Ziruklation von Medienprodukten und - inhalten

  • Export (Sonderform Formathandel (z.B. Serien))
  • Grenzüberschreitende Direktausstrahlung
  • kulturelle Diffusion bestimmter Diskursinhalte und Ideen

Transnationale Identifikationsangebote in Medienprodukten

Die Medien der Gesellschaft (Cornelia Bohn)

Medien sind Orte der Hervorbringung generalisierter Symbole.

Medieneigenschaften:

  • einheitlich binärer Code für  den gesamten Medienbereich (z.B. wahr/unwahr)
  • Distanz zur Moral
  • Reflexivität

Medien nur von einer Form aus gesehen beschreibbar. Medien werden für die Bildung von Form gebunden."mediales Substrat und Form"