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1 == Im Feld: Zugang, Beobachtung, Erhebung ==
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5 ===== Felderschließung und teilnehmende Beobachtung =====
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7 Feldforschung in "qualitative Forschung".
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9 ====== Qualitative Forschung ist Feldforschung ======
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11 Qualitative Forschung ist keine Forschung unter Laborbedingungen, reine Fragebogenerhebung -> Feldforschung.
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13 ====== Was und wer gehört zum Feld? ======
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15 Wer und was zum Feld gehört, steht oft nicht von Anfang an fest. In manchen Forschungszusammenhängen werden daher Erweiterungen und Neubestimmungen des Forschungsfeldes im Lauf der Forschung notwendig sein.
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17 ====== Wie bekommt man Zugang zum Feld ======
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19 Frage des Feldzuganges
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21 * offene oder verdeckte Forschung
22 Nicht nur forschungsethisch, sondern auch im Hinblick auf Untersuchungsgegenstand zu reflektieren.
23 * Darlegung des Forschungsinteresses
24 Dabei muss darauf geachtet werden, dass Forschungsergebnis nicht beeinflusst wird.
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26 ====== Die eigene Rolle im Feld: Das Problem der teilnehmenden Beobachtung ======
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28 Problem der Gradwanderung zwischen Nähe (ohne Nähe zu wenig Verständnis für Situation) und Distanz (ohne Distanz keine sozialwissenschaftliche Reflexion möglich). -> Unterstützung durch methodische und soziale Vorkehrungen.
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30 ===== Beobachtungsprotokolle =====
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32 Formalisieren des Beobachtungsvorgangs um ihm möglichst intersubjektiv nachvollziehbar zu machen.
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34 ====== Wie protokolliert man Beobachtungen ======
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36 Drei Arten von Notizen (Strauss 1991):
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38 * empirische Notizen
39 * methodische Notizen
40 * theoretische Notizen
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42 Vorgeschlagene Aufteilung:
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44 * Ort, Zeit
45 * Beobachtungen
46 -> Vorgänge im Feld.
47 * Kontexinformation
48 -> alle zusätzliche Information die nicht zur aktuellen Beobachtung gehört.
49 * Methodische und Rollen-Reflexion
50 -> Konsequenz für weiteren Forschungsprozess, Reflexion der Rolle als Feldforscherin.
51 * Theoretische Reflexion
52 -> theoretisierende Interpretation des Beobachteten
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54 ====== Wo und wann schreibt man Protokolle ======
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56 Möglichst unmittelbar nach Beobachtung. In meisten Fällen nicht in Anwesenheit der Untersuchungspersonen.
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58 ===== Allgemeine Prinzipien und forschungspraktische Schritte bei der Erhebung sprachlichen Datenmaterials =====
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60 ====== Feldkontakt: Erste Gespräche mit Informanten und möglichen Interviewpartnern ======
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62 Kontaktaufnahme und Information der möglichen Interviewpartner ist bereits erster Schritt der Erhebung.
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64 Wichtige Bedingungen in der Kommunikation:
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66 * kommunikative Haltung
67 * Authentizität
68 * Interesse
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70 ====== Strategien der Gewinnung von Interviewpartnern und Teilnehmerinnen an Gruppendiskussionen ======
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72 * Schneeballsystem
73 Interviewpartner kennen weitere geeignete Interviewpartner (für Milieuforschung gut geeignet aber nicht zur Erzielung maximaler Kontraste)
74 * Anzeigen und Handzettel
75 * Persönliche Kontakte
76 Anonymität beeinträchtigt, in Interpretation befangen ...
77 * E-Mails/Briefe
78 * direkte Kontaktaufnahme im öffentlichen und halböffentlichen Bereich
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80 ====== Kommunikation zur Vereinbarung von Terminen für die Erhebung ======
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82 Bei der Kommunikation sind persönliche Beweggründe für Forschung wichtiger als detaillierte Information über wissenschaftliche Legitimation.
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84 Bei Terminabsprachen auf Verbindlichkeit achten.
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86 ====== Erhebungsort und Rahmenbedingungen der Erhebung ======
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88 Mögliche Erhebungsorte:
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90 * innerhalb des privaten Umfeldes der Untersuchten
91 * innerhalb einer Institution die Kontext zum Interviewpartner bzw. Untersuchung hat
92 * innerhalb der Institution an der der Forscher beschäftigt ist
93 * im öffentlichen Raum
94 * im privaten Umfeld
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96 ====== Erhebungssituation: Kommunikation in der Rolle der Interviewerin oder Gruppendiskussionsleiterin ======
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98 Ziel ist es u.a. selbstläufige Passagen zu evozieren:
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100 * Vor dem Eingangsstimulus: Joining
101 Small-Talk vor beginn der eigentlichen Erhebung
102 * Eingangsfrage bzw. Erzählstimulus
103 Soll so angelegt sein, dass es möglichist, als Antwort eine abgeschlossene, in Form und Inhalt selbst gestaltete Darstellung zu produzieren.
104 * immanente Nachfragen
105 Fragen, die sich unmittelbar auf das bisher Gesagte beziehen. (Detaillierung, Füllen von Leerstellen, Vervollständigen von Abbrüchen, Genauere Ausführung von Bezügen und Verweisen, Genauere Ausführung von Unverständlichem) Rückgriff-Fragestrategie
106 * exmanente Nachfragen
107 Fragen, die sich nicht oder nur entfernt auf das bisher Gesagte beziehen. Beziehen sich in der Regel auf das Erkenntnisinteresse der Forscherin.
108 * Abrunden und Bedanken
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110 Prinzip der Selbsläufigkeit und des Vorrangs des Relevanzsystems der Interviewten.
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112 ===== Spezielle Formen des Interviews und der Erhebung =====
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114 ====== Narrative Interviews ======
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116 Gehört zu den prominentesten, grundlagentheoretisch fundiertesten qualitativen Erhebungverfahren
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118 Thoretische Positionierung im symbolischen Interaktonismus: Gesellschaft wird von Individuen in symbolischer Interaktion hervorgebracht und verändert. Jede symbolische Interaktion ist als Kommunikationsprozess organisiert und verlangt den Beteiligten die Leistung von Verstehen und Verständnis ab.
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120 Drei Basisregeln der Kommunikation/Interaktion:
121
122 * Reziprozitätskonstitution
123 * Einheitskonstitution
124 * Handlungsfigurkonstitution
125
126 Narratives, auf autobiographisches Erzählen basierendes Interview -> Stegreiferzählung reproduziert am ehesten Orientierungsstruktur des faktischen Handelns ("[[Homologiethese>>Glossary.Homologie]]").
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128 Zugzwänge des Erzählens:
129
130 * Detaillierungszwang
131 * Gestaltschließungszwang
132 * Relevanzfestlegungs-/Kondensierungszwang
133
134 Narratives Interview nicht geeignet, wo man Dinge beschreiben oder abstrakt/hypothetisch über sie reflektieren soll.
135
136 Einschränkungen bei der Auswahl der Interviewpartner:
137
138 * Lebensalter (Erzählkompetenz)
139 * Kulturrelativität
140 * Einschränkung des Stegreifcharakters
141
142 Ablaufschema:
143
144 * Vorgespräch
145 * Erzählstimulus
146 * Nachfrageteil (immanent/exmanent)
147
148 ====== Gruppendiskussionen ======
149
150 Je nachdem, ob die "Gruppe" methodologisch gefasst wird oder nicht, unterscheiden sich die methodisch-technischen Überlegungen zur Erhebung, also zur Initiierung und Leitung von Gruppendiskussionen.
151
152 * Marktforschung
153 Gruppenbefragung (Focus Group) einzelnes Individuum Angelpunkt der Untersuchung. Ökonomisierung der Erhebungssituation. Weder reliabel noch valide.
154 * Im Vorfeld quantitativer Erhebungen
155 Heuristisches Instrument zur Generierung von Ideen und Hypothesen.
156 * Gruppendiskussionsverfahren (Mangold, Bohnsack)
157 Gegenstand der Erhebung kollektiv konzipiert (Gruppenmeinung). Konjunktiver Erfahrungsraum: verbindet diejenigen, die an den in Ihm gegebenen Wissens- und Bedeutungszstrukturen teilhaben (kollektive Orientierung (Bohnsack)). Manifestiert sich in selbstläufigen Passagen in der Diskussion (Fokusierungsmetaphern (Bohnsack)).
158
159 Möglichkeiten und Grenzen
160
161 * Marktforschung
162 * Evaluationsforschung
163 * Organisationskulturforschung
164 * ...
165
166 Eignet sich nicht für Verfahren, bei deinen Individuen die untersuchte Einheit darstellen oder für die Erhebung von Prozessen/-strukturen über einen längeren Zeitraum.
167
168 Gruppenzusammenstellung
169
170 * Bestehend, reale Gruppen
171 Gemeinsame Erfahrungsbasis -> Selbstläufigkeit
172 * Vom Forscher zusammengestellte Gruppen
173 Nur wenn es für das spezielle Forschungsinteresse relevant ist.
174
175 Prinzipien der Durchführung von Gruppendiskussionen
176
177 * Interventionen immer an die ganze Gruppe
178 Eingangsstimulus
179 * Weitgehender Verzicht auf Teilnehmerrolle, Zurückhaltung im Gespräch
180 * Themenvorschläge ohne themenbezogene Orientierung
181 * Demonstrative Vagheit, methodisch reflektierte Fremdheit
182 * Anstoßen detailreicher Darstellungen
183
184 ====== Experteninterviews ======
185
186 Expertin: Person, die über ein spezifisches Rollenwissen verfügt.
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188 Können drei Formen von Expertenwissen bereitstellen:
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190 * Betriebswissen
191 Abläufe, Regeln Mechanismen in institutionalisierten Zusammenhängen
192 * Deutungswissen
193 Bringen Deutungsmacht des Expertien in einer bestimmten Diskurarena zum Ausdruck
194 * Kontextwissen
195 Über im Zentrum der Untersuchung stehend Bereiche
196
197 Alle drei Formen können sich in Untersuchung verschränken, sind aber analytisch zu unterscheiden.
198
199 Von Erhebungsseite als Leitfadeninterview konzipiert. Ablaufschema
200
201 * Vorgespräch
202 * Selbstrepräsentation des Experten
203 * Stimulation einer selbstläufigen Sachverhaltsdarstellung
204 * Aufforderung zur beispielhaften und ergänzenden Detaillierung (immanent Nachfragen)
205 * Aufforderung zur spezifischen Sachverhaltsdarstellung (exmanente Nachfragen)
206 * Aufforderung zu Theoretisierung/Generierung von Deutungswissen
207
208 ====== Offene Leitfadeninterviews ======
209
210 Teilstandardisierte Interviews - keine klassischen Erhebungsinstrumente der qualitativen Sozialforschung.
211
212 ====== Fokkusierte Interviews/Fokusgruppeninterviews ======
213
214 Klassischer Ansatz in der Medienwissenschaft und Marktforschung. Alle befragten Personen haben soziale Situation erlebt, auf deren Ausleuchtung sich die Erhebung bezieht (Fokus). Möglichst breites Spektrum an Wahrnehmungen zu betreffender Situation.
215
216 Ablaufschema:
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218 * Konkret erlebte Situation als Anfangsstimulus
219 * Übergang von unstrukturierten Fragen zu halbstrukturierten Fragen
220 Im Detail rekonstruieren, wie die Befragten Stimulussituation erlebt haben.
221 * Übergang von überleitenden zu mutierenden ("mutational") Fragen
222
223 Prinzipien der Durchführung:
224
225 * Kriterium der Nicht-Beeinflussung ("Non-Direction")
226 * Kriterium der Spezifität
227 * Kriterium "Erfassung eines breiten Spektrums" ("Range")
228 "Es sollte nie ein Thema angeschnitten werden, wenn man sich nicht entschlossen dafür einsetzen will, dass es einigermaßen ausführlich behandelt wird"
229 * Kriterium der Tiefgründigkeit ("Depth")
230 * Nutzbarmachung und Kontrolle der Gruppendynamik im Hinblick auf den Fokus
231
232 ====== Authentische Gespräche ======
233
234 "Natürliches" Material. Transkripte von Tonaufzeichnungen.
235
236 ===== Datensicherung: Transkription =====
237
238 Überführt Dokumente der sozialen Welt in abdruckbare Text- und Bildsequenzen -> intersubjektive Überprüfbarkeit
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240 Gütekriterien für Transkriptionssysteme:
241
242 * Praktikabilität
243 * Aufbaufähigkeit, Flexiblität
244 * Erlernbarkeit
245 * Lesbarkeit